Die Crux mit Ratings von Dritten Im P2P Sektor

Zu der Frage was ein Rating ist, antwortet uns Wikipedia „Unter Rating versteht man im Finanzwesen die ordinal skalierte Einstufung der Bonität eines Wirtschaftssubjekts …  oder Finanzinstruments. Die Einstufung wird in der Regel von einer Ratingagentur oder einem Kreditinstitut vorgenommen. Als Rating wird sowohl das Verfahren zur Ermittlung der Bonitätsstufe als auch dessen Ergebnis bezeichnet …“

Angewendet auf den P2P Sektor wird das Ausfallrisiko von einzelnen Krediten (z.B. durch Bondora*) oder Kreditunternehmen (z.B. durch Mintos*) einem Rating unterzogen. Essentiell für Ratings ist eine gute statistische Basis. Eine solche ist bei standartisierten Konsumentenkrediten sehr viel breiter als bei Firmenkrediten.

Darüber hinaus besteht wie Suchvolumina zeigen seitens der Anleger eine Nachfrage nach einem Rating das übergreifend ist, also auch die Plattformen selbst ratet.

Im Endeffekt möchten Anleger eine möglichst hohe Rendite erzielen. Die Rendite ergibt sich aus den Zinserlösen nach Abzug der eingetretenen Ausfallrisiken (wenn wir Verzerrungen durch steuerliche Sondereffekte mal außer acht lassen).

Am meisten geholfen wäre Anlegern vermutlich durch einen standardisierten, objektiven Vergleich der tatsächlich realisierten Renditen.

Spezialisierte Services wie Brismo von LoanClear gehen diesen Weg, stehen aber nur zahlungskräftigen institutionellen Anlegern zur Verfügung. Zum einen ist die Datenauswertung sehr aufwändig zum anderen kann designbedingt nur die Rendite in der Vergangenheit betrachtet und verglichen werden. Dabei werden in einem sehr jungen, wachsenden Feld die Ausfallrisiken vermutlich systematisch unterbewertet.

Verschiedene Blogger bieten nun Ratings an, die auf selbstdefinierten Punktebewertungen basieren.

Auch ich hatte 2017 über einen solchen Ansatz nachgedacht, ihn letztlich aber verworfen auf Basis folgender Überlegungen:

  • Die wirklich aussagekräftigen Auswertungen wie eine laufende umfassende statistische Auswertung der Einzelkreditdaten und der standardisierte Vergleich der tatsächlichen Renditen sind viel zu aufwendig und unterbleiben daher
  • Wenn schon Geschäftsberichte von Plattformen und/oder Loan Originators bewertet werden, dann nutzt die Prüfung des Vorhandenseins und der Auditierung wenig, sondern die Prüfung müsste sich inhaltlich mit diesen auseinandersetzen
  • Dies beides stattdessen mit einem Punktesystem zu ersetzen erzeugt eine Scheinsicherheit dessen Trennschärfe statistisch nicht validiert ist (z.B. durch Backtesting)

Kurz: Ich habe erhebliche Zweifel, dass Anleger die einem solchen Ratingsystem bei ihrer Anlageentscheidung folgen, bessere Renditen erzielen, als Anleger die nach anderen Kriterien entscheiden. So sehr ich den Wunsch der Anleger verstehe sich durch ein Rating bei der Einschätzung unterstützen zu lassen, so sehr fürchte ich, dass ein Rating dazu beitragen kann, dass Anleger Risiken ausblenden und zu gering einschätzen könnten, denn die Plattform XY stand ja im Rating ganz weit oben. D.h. jetzt nicht, dass die meisten angewendeten Ratingkriterien nicht für sich sinnvolle Kriterien in der Analyse sein können, nur der Anleger sollte m.E. die Schlüsse selbst ziehen statt sich auf einen zusammengeführten Stand eines Dritten zu verlassen.

Zudem sollte sich der Anleger überlegen, was es heißt, dass er einem Rating einer Plattform (z.B. Mintos) nicht traut, stattdessen aber einem Rating eines Dritten zu den Kreditunternehmen auf Mintos folgt. Denn die Plattform sollte im Regelfall immer die besseren Rohdaten haben zum Geschehen als der Drittanbieter – wenn nicht macht sie ihre Arbeit nicht gut.