Ich habe gerade Against the Gods – The Remarkable Story of Risk von Peter L. Bernstein gelesen. Das Buch erzählt die Geschickte der Wahrnehmung, Messung und des Umgangs mit Risiko von der Antike bis in die Neuzeit.
Dabei werden die unterschiedlichsten Themenbereiche gestreift: Erbsen, Brustkorbumfänge, Optionen, Derivate, Lebensversicherungen, Tulpenzwiebel,… . Nein ernsthaft: Das Buch ist voll von geschichtlichen Beispielen und beschreibt die schrittweise Entdeckung von Methoden zur Wahrscheinlichkeitsrechnung und Risikomanagement. Interessant fand ich auch ein Kapitel in dem es darum geht, dass die Wahrnehmung des Risikos sehr stark von der Beschreibung des Sachverhaltes abhängig ist. Kleine Kostprobe gefällig:
Stellen Sie sich vor Sie gehen ins Theater und hatten eine Eintrittskarte für 40 Euro gekauft. An der Kasse stellen Sie fest, dass Sie die Eintrittskarte verloren haben. Würden Sie eine neue kaufen?
Und nun stellen Sie sich vor dass Sie planen eine Eintrittskarte für 40 Euro zu kaufen wenn Sie im Theater eintreffen. Dort angekommen stellen Sie fest, dass Sie 40 Euro weniger in der Geldbörse haben, als Sie angenommen hatten, als Sie das Haus verlassen hatten. Würden Sie trotzdem das Ticket kaufen?
Diese beiden Fragen-Varianten haben Kahnemann und Tversky unterschiedlichen Gruppen von Probanden gestellt. Logisch gesehen haben Sie in beiden Varianten 40 Euro weniger als Sie dachten, wenn Sie nicht ins Theater gehen und insgesamt 80 Euro weniger als vorher, wenn Sie sich entscheiden ins Theater zu gehen.
Dennoch war die erste Gruppe zögerlich ein zweite Eintrittskarte zu kaufen, während die andere Gruppe kein Problem hatte eine Eintrittskarte zu kaufen, obwohl sie 40 Euro verloren hatte. Dies hängt mit der ‚mentalen Buchhaltung‘ zusammen. In dem einen Fall wird das Budget ‚Theaterbesuch‘ mit 80 Euro belastet während nur 40 dafür eingeplant waren, in dem anderen Fall wird das Budget ‚Theaterbesuch‘ mit 40 Euro genau wie geplant belastet, die 40 Euro auszugeben ist also kein Problem. Die verlorenen 40 Euro wurden mental auf ein völlig anderes Konto (z.B. Lebenshaltungskosten) gebucht.
Weiteres Beispiel. Eine Gruppe Probanden vor die Wahl gestellt:
Wählen Sie entweder eine 80% Chance 4000 Euro zu gewinnen verbunden mit einer 20% Chance gar nichts zu gewinnen oder erhalten Sie 100% sicher 3000 Euro.
Obwohl laut Wahrscheinlichkeitsrechnung die Risikovariante eine Gewinnerwartung von 3200 Euro hat, wählten 80% der Probanden die risikolose Variante und entschieden sich für die 3000 Euro (risk averses Verhalten).
Einer zweiten Gruppe von Probanden wird nun folgende Wahlmöglichkeit geboten:
Wählen Sie entweder eine 80% Chance 4000 Euro zu verlieren verbunden mit einer 20% Chance nichts zu verlieren oder verlieren Sie 100% sicher sofort 3000 Euro.
Nun entschieden sich 92% das Risiko zu spielen, obwohl die Wahrscheinlichkeitsrechnung eine Verlusterwartung von 3200 Euro statt der sicheren 3000 Euro ergibt. Fazit daraus: In Fällen bei den es um Verluste geht verhalten sich Menschen risikofreudig (risk seeking).
Das Buch enthält weitere anschauliche Beispiele und zeigt auch das sich die Methoden zum Umgang mit Risiken immer weiter entwicklen müssen, da das (wirtschaftliche) Umfeld sich entwickelt.
Ich kann das Buch zur Lektüre empfehlen, es ist unterhaltsam und interessant (ich habe das englischsprachige Original gelesen, es gibt auch auch eine deutsche Übersetzung).