Ich habe gestern und heute das neue Buch ‚P2P-Kreditmärkte als Finanzintermediäre‚ gelesen. Das ist eine Doktorarbeit die Dominik Faßbender an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Basel geschrieben hat. Er analysiert sehr umfassend das Geschehen auf den deutschen P2P Kreditmarktplätzen Smava* und Auxmoney*. Das sehr umfassende Werk (314 Seiten plus umfangreichen Anhang und Literaturverzeichnis) liest sich im Vergleich zu anderen wissenschaftlichen Arbeiten relativ flüssig. Es ist zwar deutlich teurer als das Buch von Blaesi, bietet aber dafür auch deutlich mehr Tiefe und eine sehr gründliche statistische Analyse auf einer breiten Datenbasis.
Empirisch untersucht auf Basis von Befragungen von Anlegern/Kreditnehmern, sowie von Kreditrohdaten der Smava bzw. Auxmoney Marktplätze wird u.a.:
- die Informationsverwendung der Kreditgeber bei der Kreditsuche
- die Finanzierungswahrscheinlichkeit eines Kredites in Abhängigkeit von bestimmten Informationen
- das Kreditausfallrisiko
- die Nettozinsmarge für Kreditgeber nach Risikokosten
Es ist unmöglich die ganzen Detailergebnisse in einem Blogpost repräsentativ zusammenzufassen. Die folgenden Aussagen und Zitate sind von mir subjektiv ausgewählte „Appetithäppchen“.
Von großem Interesse sind die Analysen zu den Ausfallquoten (Im Buch werden solche Auxmoney Kredite als Ausfall klassifiziert, die die Mahnstufe M4 erreicht hatten, oder ans Inkasso übergeben wurden).
In der deskriptiven Analyse stellt Faßbender große Differenzen der Ausfallwahrscheinlichkeiten von Auxmoney Krediten in Abhängigkeit des Verwendungszweckes fest:
„… Dispoablösungen (11,64%) und der verwandte Verwendungszweck Kreditablösung (10,53%) bilden das untere Ende der Ausfallquoten. Dagegen fallen Kredite für Autos häufiger aus (20,9%) und auch Existenzgründungen verffügen über überdurchschnittliche Ausfallraten (18,98%) …“ (S. 178)
Statistisch mittels Regressionsanalyse belegt werden konnte für Auxmoney (neben des Kreditalters) jedoch nur:
„… Für den P2P Kreditmarktplatz Auxmoney stellte die SCHUFA-Bonitätskategorie die einzige statistisch signifikante Information dar. Die privaten Kreditgeber berücksichtigen jedoch nur die besseren SCHUFA Bonitätskategorien bei dem Zinsaufschlag auf den risikolosen Zinssatz, sodass diesbezüglich auf eine mangelnde Risikoschätzfähigkeit der Kreditgeber auf dem Kreditmark Auxmoney geschlossen werden kann…“ (S. 311)
Bei Smava gilt:
„… die Vorgehensweise der privaten Kreditgeber bei der Ermittlung des Zinsaufschlags auf den risikolosen Zinssatz als richtig bestätigt werden … .Eine Ausnahme bildete hierbei die Information des KDF-Indikators, der von den privaten Kreditgebern als weniger wichtig wahrgenommen wurde, als dies zur Erklärung des Ausfallrisikos tatsächlich angebracht gewesen wäre…“ (S. 311)
Bei der Berechnung der zu erwartenden Renditen auf Basis eines Cashflow-Modells kommt Faßbender zu dem Ergebnis:
„… Den privaten Kreditgebern auf Smava gelang es, im Durchschnitt eine mit 2,8894% Prozentpunkten über der risikolosen Opportunität liegende jährliche Verzinsung vor Berücksichtigung von Steuern und Abgaben zu erreichen… “ (S. 312)
Erschreckend niedrig ist dagegen sein Ergebnis in dieser Hinsicht für Auxmoney. Er berechnet eine durchschnittliche jährliche Nettozinsmarge von -20,2224%. Von den betrachteten Krediten ermittelt er nur für 107 (6,86%) eine positive Nettozinsmarge nach Risikokosten und für 1.453 Kredite (93,14%) eine negative. (S. 243).
Ursächlich dafür sieht er insbesondere die sehr hohen Ausfallquoten. Als Beispiele für von ihm genannte Ausfallquoten seien hier genannt 30,40% für Kredite ohne Zertifikat (S. 180) oder „[betrug für einen] Kredit der Schufa-Bonitätskategorie A die Wahrscheinlichkeit bis zum Ende seiner regulären Kreditlaufzeit von 36 Monaten ausgefallen zu sein 74,75%.“ (S. 245). Potential sieht er falls Verbesserung der Inkassorückzahlungsquoten eintreten.
Diskutiert werden die unternehmerische Tragfähigkeit der Geschäftsmodelle der Marktplätze für den Betreiber sowie Weiterentwicklungen und Alternativen. Als nur ein Beispiel sei hier der Ansatz genannt, dass die Kreditsuchenden selbst per kostenloser Eigenauskunft ihre Bonitätsdaten ermitteln und hochladen und diese erst dann zur Fälschungsvermeidung durch den Kreditmarktplatz verifiziert werden, nachdem der Kreditantrag 100% Finanzierung aufweist. Bei einem Marktplatz der analog zu Auxmoney funktioniert könnte dies die Transaktionskosten für Kreditsuchende deutlich senken.
Im Fazit sieht der Autor die Situation der deutschen P2P Kreditmarktplätze Auxmoney und Smava deutlich kritisch. Neben einem Risiko des Versagens des Marktes sieht er fehlende Vorteile gegenüber Bankkrediten:
„… Diese Weiterentwicklung der deutschen P2P Kreditmärkte scheint aufgrund der derzeitigen Wettbewerbssituation dringend angebracht, da beide Märkte bezüglich des über sie vermittelten Kreditvolumens stagnieren und es Ihnen nicht gelingt sich auf dem gesättigten Markt für Privatkredite in Deutschland durchzusetzen…“ (S. 312)
„… Als Fazit dieser Arbeit bleibt festzuhalten, dass die deutschen P2P Kreditmärkte durchaus in der Lage sind, … Kreditgeber und Kreditnehmer zusammenzuführen und für eine faire Bewertung der Ausfallrisiken zu sorgen. Zur Lösung … greifen [sie] … derzeit auf die selben Lösungsmöglichkeiten … wie … Banken … [zurück]. Dadurch werden P2P-Kreditmärkte zumindest aus monetärer Sicht nicht zu ‚besseren‘ Banken, sondern nur zu ‚anderen ‚ Banken. Sollte sich dies nicht ändern, bleibt die langristige Überlebensfähigkeit der P2P-Kreditmärkte infrage gestellt.“ (S. 313)
Insgesamt glaube ich das sich das Buch als Standardwerk für alle, die sich in Deutschland sehr intensiv mit dem Thema P2P Kredite beschäftigen wollen, eignet.
P.S.: In eigener Sache freut es mich, dass die Umfrage unter den Anlegern einen hohen Bekanntheits- und Nutzungsgrad von Wiseclerk und P2P-Kredite.com ergeben hat. Gut 60% der Auxmoney Anleger gaben an Wiseclerk zu kennen, 34% nutzen Wiseclerk. Bei den Smava Anlegern kennen 56% und 28% nutzen Wiseclerk. Bezüglich P2P-Kredite.com kennen 49% der Auxmoney Anleger P2P-Kredite.com und 18% nutzen die Site. 48% der Smava Anleger kennen P2P-Kredite.com, 13% nutzen die Site. Damit erzielen die beiden Seiten zusammen eine sehr hohe Reichweite unter den aktiven Anlegern in deutschen P2P Kreditmarktplätzen.
Im Buch wird aber nur der Deutsche P2P Markt angeschaut und nicht auch noch z.B. der Schweizer Markt (cashare.ch) ..?
Ja stimmt. Wen Cashare interessiert, der nimmt besser das Buch von Blaesi.
Das Buch von Blaesi..?
Ja. Ist sowohl oben im Artikel als auch rechts in der Seitenleiste verlinkt.
Wer lesen kann ist klar im Vorteil, Danke ;-)