Dies ist ein Beitrag von Nikolay im Rahmen des P2P Kredite Schreibwettbewerb 2019
In meinem zweiten Artikel des Schreibwettbewerbs, möchte ich mich mit der Rolle von P2P-Krediten in Anlage-Portfolios befassen und ein paar Hinweise geben, wie man sein Portfolio sinnvoll strukturieren kann. Ich beschränke mich hierbei auf die Betrachtung des risikobehafteten Teils des Portfolios und nehme an, daß P2P-Kredite in die gleiche Risikoklasse gehören wie Aktien.
Vorweg sei angemerkt, daß es keine richtige Portfolio-Struktur gibt. Es gibt viele Positionen, die sich plausibel vertreten lassen. Unser Ziel als Anleger muss es daher sein, eine Struktur zu finden, die zu unseren Werten und Vorstellungen passt.
Aber warum überhaupt eine Portfolio-Struktur festlegen? Der wesentliche Grund liegt in meinen Augen darin, die Entscheidungsfindung zu verbessern und schließlich zu vereinfachen. Ich will mich nicht jeden Monat fragen, wo ich mein Geld investieren will, ob ich nachkaufe oder lieber verkaufe. Über die Portfolio-Struktur lege ich Regeln fest, die mir den Großteil dieser Entscheidungen abnehmen.
Ein Vergleich mit Aktien
Vergleichen wir zunächst ein paar wesentliche Eigenschaften von Aktien und P2P-Krediten. Ich selbst sehe mich als Index-Investor, weshalb ich als Vergleichswert den MSCI World Aktienindex wähle.
Rendite
Die durchschnittliche Rendite des MSCI World lag in den letzten 30 Jahren bei ca. 8% pro Jahr. Auch wenn P2P-Kredite erst seit einigen Jahren investierbar sind, rechnen wohl die meisten von uns mit einer Rendite jenseits von 8% (nach Ausfällen).
Aus Rendite-Sicht steht somit nicht zu befürchten, daß wir uns mit der Aufnahme von P2P-Krediten in unser Portfolio ebendiese verhageln. Im Gegenteil, die Aussichten für Aktien sind nach dem langen Bullenmarkt der letzten 10 Jahre eher durchwachsen, so daß P2P-Kredite möglicherweise sogar einen Rendite-Boost bewirken könnten.
Wertschwankungen
Das Risiko eines Aktien-Investments lässt sich auf verschiedene Weise messen. Ein üblicher Ansatz ist die Betrachtung der Wertschwankungen, gemessen durch die Volatilität. Diese lag für den MSCI World in den letzten 30 Jahren bei ca. 13%. Mit anderen Worten, in einem normalen Jahr lag die Rendite zwischen -5% und 21% (8% ± 13%).
Demgegenüber ist die Volatilität von P2P-Krediten deutlich gedämpft. Auf Plattformen mit Buyback liegt die Volatilität deutlich unter 1%, es geht stetig bergauf. Auf Plattformen ohne Buyback ist die Volatilität zwar deutlich höher, sie liegt z.B. bei finnischen Konsumentenkrediten auf Fellow Finance um 2%, liegt damit aber immer noch deutlich unter der Volatilität des MSCI World.
Aus Sicht der Volatilität bieten P2P-Kredite mit ihrer relativen Schwankungsarmut eine Möglichkeit, das Portfolio insgesamt zu beruhigen.
Maximaler Wertverlust
Betrachten wir abschließend den zu erwartenden maximalen Wertverlust als weiteres Risiko-Maß. Der MSCI World hatte seinen maximalen Wertverlust der letzten 30 Jahre während der Finanzkrise bis 2009 mit knapp 58%. Auf Seiten der P2P-Investments haben wir mangels Index leider keinen Vergleichswert. Wir wissen lediglich, daß jeder einzelne Anbahner pleite gehen kann und wir in dem Fall mit einem Totalverlust unseres Investments rechnen müssen.
Wenn wir annehmen, daß wir unsere P2P-Investments so breit streuen könnten, daß im schlimmsten Fall noch mindestens unser halbes Portfolio erhalten bliebe, wären wir mit den P2P-Investments nicht schlechter gestellt, als mit Aktien.
Wie ich mein eigenes Portfolio strukturiere
Will man nun P2P-Kredite in sein Portfolio aufnehmen, stellen sich zwei Fragen:
- Welchen Anteil meines Portfolios investiere ich in P2P-Kredite?
- Wie viel investiere ich in jeden einzelnen Anbahner?
Positionsgröße P2P insgesamt
Mit den obigen Ausführungen glaube ich, daß man maximal eine Gleichgewichtung von Aktien und P2P-Krediten rechtfertigen kann. Aufgrund des ungeregelten Marktes und der geringeren Diversifikation gegenüber einem Aktien-Index wie dem MSCI World, beschränke ich den P2P-Anteil in meinem eigenen Portfolio auf 25%.
Positionsgröße je Anbahner und Plattform
Ich bin für mein Portfolio zu dem Schluss gekommen, daß ich Anbahner nach Informationslage (Finanzberichte, Nachrichtenlage, „guter Ruf“) in mein Portfolio aufnehme und dann grundsätzlich eine Gleichgewichtung anstrebe. Ich habe keine Informationen, die mir ermöglichen würden, aus den Finanzdaten eines Unternehmens auf dessen Insolvenzrisiko zu schließen und somit ist es in meinen Augen auch nicht sinnvoll, die einzelnen Positionen unterschiedlich zu gewichten.
Im Gegenzug reduziere ich aber das Gewicht der Anbahner, die über Marktplätze wie Mintos in mein Portfolio gelangen, um das Plattform-Risiko zu regulieren. Die Idee ist hierbei, daß neue Anbahner auf Mintos sukzessive weniger Diversifikation bedeuten, da ich über die selbe Plattform auf sie zugreife. Finde ich hingegen einen neuen Anbahner über eine andere Plattform, liefert dieser jederzeit die volle Diversifikation. Mathematisch lässt sich dies durch eine Potenzreihe darstellen, die über einen Dämpfungsfaktor die rechnerische Anzahl von Anbahnern auf einer Plattform beschränkt.
- 1 Anbahner: 0.8^0 = 1
- 2 Anbahner: 0.8^0 + 0.8^1 = 1.8
- 3 Anbahner: 0.8^0 + 0.8^1 + 0.8^2 = 2.44
- …
Die Wahl des Dämpfungsfaktors 0.8 ist willkürlich und sollte so erfolgen, daß sich die Verteilung „richtig anfühlt“. Mit 0.8 konvergiert die Reihe auf 5, so daß Mintos maximal als 5 Anbahner gezählt wird. Mit 0.7 konvergiert sie auf 3.3 und mit 0.9 auf 10.
Mit dieser Zahl ausgestattet, verteile ich meine Investments gleichmäßig über die rechnerische Anzahl der Anbahner, d.h. wenn ich in 5 unabhängige Anbahner und 10 Anbahner auf Mintos investiere (rechnerisch 4.5), sind das rechnerisch 9.5 Anbahner. Die unabhängigen Anbahner bekommen jeweils 1 / 9.5 (10.5%) und Mintos 4.5 / 9.5 (47.5%) meines Geldes. Innerhalb Mintos verteile ich mein Geld dann wieder gleich gewichtet auf die 10 Anbahner, so daß ich über Mintos ca. halb so viel in einen Anbahner investiere, wie im Direktinvestment.
Fazit
P2P-Kredite bieten eine interessante Ergänzung zu Aktien, da sie helfen, Wertschwankungen zu reduzieren, ohne daß die erwartete Rendite leidet.
Es gibt keine richtige oder falsche Portfolio-Struktur. Wichtig ist, daß man eine plausible Portfolio-Struktur findet, um seine Entscheidungen nicht immer wieder zu hinterfragen.
Man kann Portfolios sehr einfach oder beliebig kompliziert strukturieren. Man sollte immer ehrlich mit sich sein und schauen, daß der Komplexitätsgrad der tatsächlichen Informationslage entspricht.