Die Bank werden wir

Während sich das kürzlich vorgestellte Buch ‚P2P Kredite – Marktplätze für Privatkredite im Internet‘ ausschließlich mit P2P Krediten beschäftigt, betrachtet Lothar Lochmaier in seinem gerade erschienenen Buch ‚Die Bank sind wir‚ ein erweitertes Feld von Alternativen zur Bank.

Kernpunkte sind hier Selbstbestimmung und Transparenz. Nach einem kurzen historischen Abriss folgen Kapitel zu P2P Krediten, finanziellen Netzwerken, Betrachtung der demographischen Nutzerstruktur der neuen Plattformen und zur ‚Finanzdemokratie 2.0‘.

Das Buch beginnt ausgehend mit der Frage: „Wann haben Sie als Kunde das letzte Mal bei Ihrem Geldinstitut von einer qualifizierten Beratung profitiert“. Schlüssig wird aufgezeigt, dass die reine Vertriebsausrichtung der Banken zum Vertrauensverlust bei den Kunden führte, die nun neue Möglichkeiten ausprobieren, die ihnen marktfremde (Nichtbanken) in Verbindung mit dem Internet geben, mit dem Ziel die Kontrolle über die Anlage ihres Geldes wieder zu gewinnen.

Lochmaier sieht die Banken als zu sehr in ihren konventionellen Denkmustern verhaftet. Zum einen sind ihnen die Interessen ihrer Kunden nicht wichtig genug, zum anderen sehen sie nicht wie das Web 2.0 ihr Geschäftsumfeld verändern. Zu sehr konzentrieren sie sich auf die Effizienzsteigerung ihrer Prozesse.

Das ist ein wichtiger Punkt. Die Nichtreaktion der Banken auf neue Entwicklungen wie P2P Kredite, hatte ich ja schon hier im Blog festgestellt. Tatsächlich ist die Vertrauenskrise in die Banken aus meiner Sicht aber auch eine Vertrauenskrise in den Punkten Beratung, Geschäftsgebaren und Produktgestaltung bei komplexeren Produkten. Denn mit den „Basis“-Produkten bin ich als Kunde durchaus zufrieden. Meine Überweisungen werden zuverlässig ausgeführt, das Girokonto funktioniert bestens und auch mit der Kreditkartennutzung und z.B. dem Tagesgeldkonto bin ich zufrieden.

Wenn das vielen Bürgern so geht, könnten Banken in den Hintergrund gedrängt werden als reine „Transaktionsbanken“. Wer würde dann im Vordergrund stehen? Möglich das es neben neuen Internet-Startups vor allem IT-Konzerne und Telekommunikationsdienstleister sind, sagt Lochmaier:

In den Fokus rücken in der Diskussion um die Zukunftsmodelle der Banken vor allem die Daten selbst. Wer diese intelligent nutzt, befindet sich im Vorteil. Eine Bank stellt kaum mehr als einen Verarbeiter von Informationstechnologie das, der danach trachtet, möglichst effizient zu arbeiten. Viele Potentiale in der industriellen Automatisierung von Großbanken sind bereits ausgereizt. In den Vordergrund rückt ein anderes Element als das rein technisch und buchhaltärisch geprägte Selbstverständnis einer effizienten Bank. Das entscheidende Element liegt in der phantasievollen Interaktion zwischen dem Absender einer Botschaft, dem „Botschafter“, der sie überbringt und dem einzelnen Kunden, der Signale zurücksendet. Dieser Akt der „kulturellen Wertschöpfung“ von Geld ist den Banken weitgehend fremd weshalb weniger hierarchisch geprägte Spieler in der internetbasierten Wertschöpfungskette im Vorteil sind.

Das Buch bringt eine interessante Mischung aus Bestandaufnahme, Analyse und Interpretation. Bei letzterer ist für meinen Geschmack der Autor etwas zu skeptisch/pessimistisch – sowohl was die Banken angeht, als auch was die innovativen Ansätze angeht.

Zur Lektüre sehr empfohlen (auch den Bankern). Das Buch gibt es bei Amazon.

Smava rebranded – Direkt Kredit

Smava hat ein komplett neues Layout und einen neuen Slogan. Statt bisher „Kredite von Mensch zu Mensch“ heißt dieser nun „Direkt Kredit“.

Im Blog erläutert Smava die Entscheidung für den neuen Slogan:

Einerseits war unser Ziel, einen Begriff zu finden, der die smava Vorteile deutlicher auf den Punkt bringt. Kreditnehmern zeigt „Direkt Kredit.“, dass das Geld direkt von privaten Anlegern kommt. Dieses Direktprinzip macht Kredite schnell, einfach und günstig. Für Anleger beschreibt es die Vorteile eines direkten Geldgeschäfts, das neben einer guten Rendite gleichzeitig die Unterstützung von interessanten Projekten ermöglicht. Andererseits haben wir gemerkt, dass der Begriff „Mensch zu Mensch“ bei Kreditnehmern teilweise falsche Assoziationen hervorrief – langwierige und persönliche Verhandlungen mit Anlegern, Offenlegung von Lohnunterlagen vor Dritten und nicht geregelte Vertragsverhältnisse. Aber unser Produkt ist genau das Gegenteil: schnell, direkt und sicher!

Das neue Design ist deutlich plakativer als bisher. Die Wirkung auf mich, ist das jetzt mehr Marketingaussagen zu Kundennutzen in den Vordergrund gestellt werden, während die Marktplatzinformationen zu dem gerade stattfindenden „Handel“ in den Hintergrund (zweiter Reiter) getreten sind.

Ich glaube dass dies für die Ansprache von Neukunden gut sein kann, denn diese erfahren so schnell worum es geht. Gut also für die Information von Kreditnehmern, denn naturgemäß sind die Masse der Kreditsuchenden, die auf die Seite kommen neu bei Smava.

Nicht so gut trifft es die Bedürfnisse der Anleger. Anleger nutzen Smava wiederholt. Sobald der erste Informationsbedarf einmalig gedeckt ist, brauchen Anleger vor allem eine übersichtliche Darstellung der gerade zur Verfügung stehenden Anlagemöglichkeiten (Kreditprojekte). Entsprechend kritisch sind auch Kommentare von Anlegern im Forum zum neuen Design der Seite.

Auch wenn Smava bisher eher Kritik geerntet hat, bin ich sicher, dass sie sich das Rebranding sehr genau überlegt haben. Smava „fehlt es“ an Kreditnehmer. Durch Analyse des Benutzerverhaltens in der Navigation und eventuell Befragungen kann sehr genau nachvollzogen werden, wo die Abbruchpunkte im Ablauf vom Besuch einer Website bis zur Registrierung sind. Ich vermute daher, dass Smava die Website unter dem Aspekt redesigned hat, bessere Konversionsraten bei Kreditnehmern zu erzielen.

Außerdem hat Smava eine Kooperation mit Cortal Consors bekanntgegeben. Das bemerkenswerte an dieser Nachricht ist, dass eine Bank einer Partnerschaft mit einem Marktplatz für P2P Kredite eingeht.

Bei der Kooperation handelt es sich um eine Marketingpartnerschaft, bei der Cortal Consors Anleger und Kreditnehmer auf Smava aufmerksam macht, und dafür eine Vermittlungsprovision erhält.
Die entsprechenden Hinweise auf der Cortal Consors Website sind aber ziemlich versteckt.

Gartner-Prognose: 5 Milliarden US$ P2P Kredite in 2013

Gartner prognostiziert für  P2P Kredite im Jahr 2013 ein Marktvolumen von 5 Milliarden US$ ausstehende Kredite.

Consumers who lose their jobs can’t get loans to cover periods of unemployment; businesses that encounter trouble due to low demand can’t get credit lines to see them through to recovery. Furthermore, banks are more interested in recapitalising than in lending. Growth in P2P lending will be driven by investors seeking higher returns and borrowers shunning (or being shunned by) banks. Gartner recommends that financial services providers investigate how to partner and collaborate in adding P2P to their existing offerings rather than building their own P2P lending networks.

Eine frühere Schätzung von Gartner aus dem Februar  2008 überschätzte die Konkurrenz die P2P Kredite für das Bankgeschäft in 2010 darstellen werden deutlich – zumindest nach meiner Einschätzung – aber 2010 ist ja auch noch nicht vorbei und vielleicht passiert ja noch eine explosive Steigerung in diesem Jahr .

Schweiz: Privatbankier sieht P2P Kredite als Bedrohung für Bankbilanzen

In einem Video Interview sagt Konrad Hummler, Teilhaber der Schweizer Privatbank Wegelin & Co, P2P Kredite könnten sich relativ schnell zur Bedrohung der Bankbilanzen entwickeln.
P2P Kreditbörsen könnten in wesentlichen Funktionen wie Losgrößentransformation, Risikotransformation und Fristentransformation die Banken ersetzen wenn sie effizientere Prozesse etablieren. Hummler sieht eine Schwäche der Großbanken in Staatsbesitz in ihrer Ineffizienz. Banken werden versuchen durch Ruf nach mehr Regulierung ihre Marktstellung zu sichern und Innovationen zu hemmen.

Banken verfolgen Thema P2P Kredite aufmerksam

Noch ist das Volumen, das über P2P Kredite abgewickelt wird, viel zu gering um ernsthaft als Wettbewerb von den Banken wahrgenommen zu werden.

Dennoch verfolgen die Banken die Entwicklung aufmerksam. So ist der Artikel Kredite aus privater Hand von Axel Liebetrau Top-Thema im Februar im Newsletter der Akademie Deutscher Genossenschaften (ADG).

Und die renommierte Beratungsfirma Gartner prognostiziert für 2010: „social-banking platforms will have captured 10% of the available market for retail lending and financial planning„.
Die Banken weltweit laufen also laut Gartner Gefahr schon in 2 Jahren 10% des Marktes an neue Geschäftsmodelle zu verlieren. Sicher eine sehr optimistische Prognose wie auch der Banker James Gardner kritisiert.

Banken und P2P Kredite

Ich hatte heute ein interessantes Telefonat mit einem Analysten, der für eine britische Firma arbeitet, die Studien für Banken erstellt. Eine der Fragen, um die es ging, war ob das Modell der Peer to Peer Kredite von Banken aufgegriffen werden könnte und für eigene Zwecke genutzt werden könnte.

Peer-to-peer Kredite bieten etwas was die meisten Bankprodukte nicht bieten: Human touch und die punktgenaue Steuerung des Verwendungszweckes der Kredite. Auch wenn letzteres sich in manchen Fällen potentiell als Illusion darstellen könnte, denn auf den meisten Plattformen wie Prosper und Zopa wird der angegebene Zweck nicht überprüft, so ist dennoch das Konzept marketingwirksam. Und mal ehrlich: Zwar ist die Anlage auf einem Tagesgelkonto sicher und bringt gute Zinsen, aber wirklich innovativ und sexy im Sinne der Ansprache junger Zielgruppen ist sie nicht.
Außerdem beschränkt sich der Kontakt zum Kunden bei einem Tagesgeldkonto auf den Zeitpunkt der Anlage, die Kontoauszüge und den Zeitpunkt der Auflösung des Guthabens. Im Gegensatz dazu bieten Peer-to-Peer Kreditplattformen eine Community und häufige Interaktionen, wenn der Betrag in kleinen Beträgen auf verschiedene Kredite verteilt angelegt wird.

Nun, selbst wenn sie wollten, könnten Banken aber vermutlich nicht einfach eine Peer-to-Peer Kreditplattform aufmachen. Es würde nicht zu ihrem Image passen und sie würden sich im Internet-Marketing schwerer tun als ein Startup. Mal abgesehen davon, dass sie Ihren eigenen Markt kannablisieren würden und immer noch nicht bewiesen ist, dass der Plattformbetreiber mit dem Konzept finanziell erfolgreich sein kann. P2P Kredit Plattformen sind vom Geschäftsvolumen auf Jahre hinaus nicht groß genug um eine Bedrohung für Banken darzustellen. Das Interesse der Banken ist aber dennoch groß, da die Banken evaluieren, welche Impulse sie für ihr Geschäft ableiten können.

In den USA haben credit unions (etwa vergleichbar zu Genossenschaftsbanken) Partnerschaften mit Zopa geschlossen. Die credit unions haben bisher ein eher verstaubtes Image und eine überwiegend ältere Klientel. Sie haben die Partnerschaft als Chance ergriffen junge Zielgruppen mit einem innovativen Ansatz anzusprechen und so Mitglieder zu gewinnen.

Bank 2.0 – die Zukunft?

Ein Beitrag von Nicolas Guillaume (entdeckt via TheBankWatch) versucht Banking in den Kontext Communities zu stellen und beurteilt die Ansätze von Prosper und Zopa aus diesem Blickwinkel.

Guillaume präsentiert zwei Ansätze:

  1. Top Down
    Hier agiert die Institution wie eine „herkömmliche“ Bank. Die Web 2.0 Methoden werden im wesentlichen zu Marketing-Zwecken eingesetzt. In der Community findet ein offener Meinungs- und Erfahrungsaustausch statt, aber die Communityinteraktion beinflußt nicht direkt die Kreditfinanzierung.
    Beispiel: Zopa
  2. Bottom Up
    In diesem Modell ist der Prozess so aufgebaut, dass ein Maximum an Interaktion möglich wird. Kreditgeber interagieren mit Kreditnehmern und erhalten Einblick in deren Kredithistorie, Arbeitsverhältnis, Einkommen. Während trotzdem Maßnahmen getroffen werden, um die Anonymität zu wahren, wird ein Maximum an Information frei zugänglich gemacht, auf deren Basis alle Marktteilnehmer ihre Entscheidungen treffen können.
    Beispiel: Prosper

Colin Henderson, TheBankWatch, versucht in seiner Analyse die Unterschiede zwischen traditionellen Banken und diesen beiden Modellen herauszuarbeiten. In beiden Modellen müssen Kreditnehmer ihre Kredite zurückzahlen oder sie werden mit Inkassounternehmen konfrontiert und ihre Bonität leidet. Henderson sieht die Unterschiede in den Punkten Prozessabläufe und Kommunikationskanäle.

Bank 2.0
(Quelle der Abbildung: TheBankWatch)

Prozessabläufe

Bank 1.0: Die Prozesse sind intern und werden durch Angestellte abgearbeitet. Alle Daten werden vertraulich behandelt

Bank 2.0: Der Prozess der Prüfung der Kreditanträge wird an die Community outgesourct. Die Bank 2.0 ist nur dafür verantwortlich die „richtigen“ Dokumente verfügbar zu machen ohne dabei die Anonymität zu gefährden. Die Bank 2.0 stellt Prozesse und Instrumente zur Verfügung, die eine Bewertung erleichtern und eine Interaktion der Community unterstützen. Die Bank 2.0 selbst bewertet die Kreditanträge jedoch nicht, sondern überlässt die Bewertung dem Markt.

Kommunikationskanäle (Kundenkontakt, Vertrieb)

Bank 1.0: Alle Kanäle sind im Besitz und unter voller Kontrolle der Bank.

Bank 2.0: Es gibt keine zentralisierten Kanäle. Kundengewinnung basiert zunehmend auf viralem Marketing. Die Bank 2.0 stellt nur die Plattform auf der die Community agiert. Ziel der Bank 2.0 muss es sein ein Klima der Offenheit und Transparenz zu erzeugen, das Vertrauen schafft.

Hinweis: Bis hierhin ist dieser Artikel im wesentlich eine Übersetzung der ausländischen Quellen – allerdings nicht wortwörtlich, ich habe bewusst einige Dinge anders ausgedrückt.

Bezogen auf die deutsche Situation, finde ich den Gedanken, dass eine Bank wesentliche Prozesse an die Community outsourct, zwar sehr spannend (vor allem unter Kostenaspekten und Preisbildungsaspekten), kann mir aber nicht vorstellen, dass das in aller Konsequenz in näherer Zukunft umgesetzt wird. Zu starr sind in Deutschland regulatorische und Datenschutzrahmenbedingungen.

Smava.de als einen ersten Schritt würde ich in der obigen Darstellung zwischen der Ebene von Prosper und der von Zopa einordnen. Wieviele Informationen (financial affairs) bei Smava tatsächlich offengelegt werden, muss sich im Lauf der Zeit noch zeigen. Im Moment ist es die Schufa-Bonität plus etwaige freiwillige Offenlegungen des Kreditnehmers in seinem Profil.