Welche P2P Plattformen sind von der neuen EU-Regulierung betroffen und was ändert sich für Anleger?

In diesem Jahr wird eine neue EU-weite Regulierung von Crowdfunding Plattformen in Kraft treten. Plattform-Betreiber können dann den Status European Crowdfunding Service Provider (ECSP) erhalten. Was genau dahinter steckt, wurde hier erläutert. In diesem Artikel geht es um die (möglichen) Auswirkungen für Investoren.

Abb. 1: Der mehr oder weniger versierte Anleger erhofft sich Vorteile von der neuen EU-Regulierung (Bild von mohamed Hassan auf Pixabay)

Welche Plattformen betrifft die neue EU-Regulierung?

Das ist natürlich die erste Frage eines Anlegers. Mintos*, Bondora*, Estateguru*, Flender*, Seedrs*, Exporo*, Dagobertinvest* etc. – wen wird es betreffen? Es geht insbesondere um Plattformen, die Kredite und Crowdfunding für Unternehmen anbieten. Auch einen Großteil der Immobilienprojekte wird es treffen, da dabei im engeren Sinne ebenfalls Unternehmen finanziert werden, die auf Immobilienentwicklungen fokussiert sind. So haben zum Beispiel Estateguru* und Clubfunding kürzlich in ihren Newslettern auf diese künftigen europaweiten Regelungen hingewiesen. Prämienbasiertes (reward based) Crowdfunding oder Kredite an Privatpersonen (Verbraucherkredite) sind davon aber nicht betroffen. Da werden jetzt viele Investoren aufatmen! Oder ist es sogar ein Nachteil, das diese Sparten nicht von den neuen EU-Regelungen betroffen sind? Das wird sich im Endeffekt erst später in der Praxis zeigen, wenn die Regelungen angewandt werden und man die Auswirkungen sieht. Einige Plattformen bieten verschiedenste Arten von Finanzierungen an (wie z.B. Mintos). Da wird es also auch interessant werden zu sehen, inwieweit die Regelungen bei den unternehmensbezogenen Finanzierungen umgesetzt werden, während die Verbraucherkredite davon nicht betroffen sind.

Bessere Diversifikation

Plattformen, die bisher nur oder hauptsächlich für Investoren in ihrem EU-Heimatland verfügbar waren, wird es wesentlich einfacher gemacht, sich für alle Anleger EU-weit zu öffnen. Das mag einige Anbieter motivieren, ihren Webauftritt in Englisch oder Deutsch zu übersetzen. Ich denke da insbesondere an Plattformen für Immobilien Crowdinvesting aus Frankreich (wie Wiseed, Clubfunding oder Fundimmo) aber auch an die schwedische Plattform Tessin. Auch für amerikanische und asiatische Anbieter wird es nun interessant, den gesamten europäischen Markt mit einer Bevölkerung von 450 Millionen über eine einzige Registrierung als European Crowdfunding Service Provider (ECSP) erschließen zu können. Ich bin auf jeden Fall gespannt und hoffe, dass der Markt in Europa dadurch einen richtigen Boost bekommt.

Bessere Vergleichbarkeit von Projekten

Da zu allen Projekten europaweit ein key investment information sheet (KIIS) veröffentlicht werden muss, erhöht dies grundsätzlich die Vergleichbarkeit der Angebote sogar über Plattformen hinweg. Das ist natürlich wesentlich abhängig davon, in welcher Form und Detailtiefe die Informationen über finanzielle Risiken, Insolvenzrisiken, Kosten und Projektauswahlkriterien dann schlußendlich publiziert werden (müssen). Aus meiner Erfahrung würde die einheitliche Darstellung der wirtschaftlichen Situation des Darlehensnehmers und detaillierte Informationen zu den Schlüsselpersonen uns Anlegern eine gute Entscheidungsgrundlage bieten. Ob dies jedoch im KIIS enthalten ist und in welcher Form, das bleibt abzuwarten.

Fraglicher Investorenschutz

Ob die erweiterten Informationen und Warnungen für die sogenannten nicht versierten Anleger (non sophisticated investor) nun tatsächlich einen effektiven Schutz versprechen, ist aus meiner Sicht fraglich. Siehe Details dazu in diesem Artikel unter dem Punkt Investorenschutz.

Was fehlt in der neuen EU-Regulierung?

Ausfallraten offenlegen

Die Plattformen sollten dazu verpflichtet werden, nicht nur ihre Erfolgsquote, sondern auch die Projektausfälle offenzulegen, und dies am besten klar und deutlich auf ihrer Webseite zu veröffentlichen. Das ist leider nicht Teil der neuen EU-Regelungen.

Schutz vor Insolvenz der Crowdfunding-Plattform

Die Investitionen der Anleger auf Crowdfunding-Plattformen sind nicht so geschützt wie Bankeinlagen. Deswegen gibt es als Risikoprämie natürlich auch eine wesentlich höhere Rendite. Denn es droht der Totalausfall des Investments bei Insolvenz des Kreditnehmers. Die aktuelle Einschätzung der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) dazu findet sich hier. Darüberhinaus schwebt über den Einlagen das Damokles-Schwert der Plattform-Insolvenz. Deswegen sollten Mechanismen festgelegt werden, damit Anleger ihre Investitionen zumindest nicht verlieren, sollte die Plattform in Konkurs gehen.

Die Europäische Verbraucherorganisation (BEUC), die als Dachverband für 45 nationale Verbraucherorganisationen fungiert, hat die neue EU-Regulierung als verpasste Gelegenheit bezeichnet. In ihrem Bericht werden außer den beiden oben genannten Punkten noch weitere Vorschläge zu einer besseren Regulierung gemacht. Den ausführlichen Bericht in Englisch findet ihr hier.

Track-Record / Leistungsdaten der Plattform offenlegen

Da Anleger im Allgemeinen mit kleinen Summen in eine große Zahl von Projekten investieren, ist es fraglich, ob sie sich vor jeder Investition die Zeit nehmen, das key investment information sheet (KIIS) zu analysieren. Gerade wenn mit AutoInvest gearbeitet wird, spielen detaillierte projektbezogene Informationen eher eine Nebenrolle. Die entscheidende Information für einen Investor liegt daher nicht unbedingt in den Details eines Projekts, sondern im Track Record der gesamten Plattform: Durchschnittliche erzielte Rendite, Anteil der Projekte mit Zahlungsverzögerungen, Ausfallraten, Inkassostrategien.

Der Verband deutscher Kreditplattformen empfiehlt daher die Einführung eines Plattform-basierten KIIS anstelle von detaillierten projektbezogenen Informationen. Nachzulesen in ihrem Positionspapier zur europäischen Verordnung.

Wann geht’s los?

Investoren werden wahrscheinlich erst Ende diesen Jahres oder sogar erst in 2021 die Änderungen spüren. Denn die Verordnung muss noch vom EU Wirtschaftsausschuss und dann vom gesamten EU Parlament gebilligt werden, womit im ersten Quartal 2020 zu rechnen ist. Dann steht den nationalen Regulierungsbehörden eine Übergangsfrist von 12 Monaten zur Verfügung, dies umzusetzen. Die Plattformen haben dann abermals 6 Monate Zeit, die neuen europäischen Anforderungen zu erfüllen.

Fazit

Investoren können auf mehr Player im gesamteuropäischen Crowdfunding Markt hoffen, wenn die EU-Regulierung umgesetzt wird. Das scheint die eigentliche Stoßrichtung der neuen Regelungen zu sein. Die Vergleichbarkeit von Projekten könnte sich plattformübergreifend durch die Einführung des KIIS erhöhen. Die Offenlegung von Ausfallraten und anderen Leistungsdaten der Plattformen und auch der Investorenschutz bei Insolvenz der Plattformen wurden leider nicht verbessert.

Wie bewertest Du die Auswirkungen der neuen EU-Regulierung von Crowdfunding Plattformen auf uns als Investoren? Ist das ein Schritt nach vorn oder eher eine verpasste Chance? Ich freu mich auf Deine Meinung dazu. Schreib es einfach in die Kommentare zu diesem Beitrag.

2 Gedanken zu „Welche P2P Plattformen sind von der neuen EU-Regulierung betroffen und was ändert sich für Anleger?“

  1. Hallo David
    Auch, wenn wie du schreibst, vieles nicht reguliert wird, finde ich den Schritt gut und hoffe damit noch mal eine deutlichen Schritt in Richtung einer Professionalisierung zu sehen. Leiden werden allerdings sicher die Renditen da die Maßnahmen natürlich auch Geld kosten werden…
    Aber wer weiß durch die eventuell dann in den Markt drängenden Anbieter vielleicht ja doch ;)

    • Hi Thomas,
      ich bin auch gespannt, welche neuen Anbieter dies als Chance sehen werden. Und auch, wie sich dies auf Angebot/Nachfrage und schlußendlich die Rendite auswirken wird. Wir bleiben im Gespräch …

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